Lieferketten unter Druck.

Kettenreaktion

Schnelle Entscheidungen im Rahmen des LkSG

Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wird Unternehmen einiges abverlangt. Genau hier zeigt sich: Unternehmen wachsen mit ihren Aufgaben, oder nicht?

Was passiert, wenn ein Lieferant plötzlich nicht mehr den Anforderungen entspricht? Ein echter Stresstest für jede Lieferkette. Schnelles Handeln ist gefragt, doch die notwendigen Prüfungen und Freigaben können zur Belastungsprobe werden.

Wenn alles schiefgeht.

Stellen Sie sich vor, ein führender Automobilhersteller entdeckt, dass einer seiner Zulieferer in den USA mehrfach giftige Abwässer in einen Fluss geleitet hat – ohne eine angemessene Abwasserbehandlung.

Was zunächst wie eine isolierte Umweltfrage erscheint, entwickelt sich schnell zu einer Kettenreaktion: Ein Audit deckt den Verstoß auf, und der Zulieferer verstößt nicht nur gegen den US-amerikanischen Clean Water Act, sondern auch gegen die strengen Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG).

Die Konsequenzen?

Hohe Geldstrafen, ein sofortiger Lieferstopp und die Notwendigkeit, alternative Lieferanten zu finden – schnell!

Denn jede Verzögerung kann die gesamte Produktionskette ins Wanken bringen. Ein Worst-Case-Szenario, das nicht selten vorkommt, und für viele Unternehmen zur Realität wird, die sich den Herausforderungen des LkSG stellen müssen.

Die Anforderungen des LkSG sind ein Korsett für Unternehmen.Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist kein Papiertiger. Es verpflichtet Unternehmen dazu, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang ihrer gesamten Lieferkette umzusetzen.

Wer sich nicht an die Regeln hält, riskiert empfindliche Strafen und – wie das Beispiel zeigt – massive betriebliche Störungen.

Ab 2023 gilt das Gesetz für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern, ab 2024 für solche mit mehr als 1.000. Dabei geht es nicht nur um direkte Zulieferer, sondern um die gesamte Lieferkette, bis hin zu Subunternehmern. Kein Unternehmen, das im internationalen Geschäft tätig ist, kann sich vor dieser Verantwortung drücken.

Besonders wichtig sind die Bereiche Risikomanagement, Beschwerdeverfahren und die Berichtspflichten. Unternehmen müssen ein System etablieren, das Risiken frühzeitig erkennt und Maßnahmen zur Vermeidung von Verstößen ermöglicht. Ein transparentes Beschwerdeverfahren für Betroffene ist ebenso Pflicht wie der jährliche Bericht über getroffene Maßnahmen und erzielte Fortschritte.

Komplikationen und Stolpersteine: es knirscht

Die Theorie klingt einfach, doch die Praxis zeigt schnell, dass Komplikationen unvermeidbar sind. Ein bisher unauffälliger Lieferant könnte plötzlich im Rahmen eines Audits als Umweltsünder enttarnt werden – und dann bleibt kaum Zeit, das Problem zu lösen oder einen neuen Lieferanten zu finden. Dies stellt viele Unternehmen vor enorme Herausforderungen, denn die Lieferkette darf nicht ins Stocken geraten.

Und genau hier beginnt der Druck zu steigen: Wer schnell reagieren muss, kann sich keine großen Verzögerungen leisten. Doch der Prozess der Lieferantenfreigabe nach dem LkSG ist umfassend und erfordert Sorgfalt – ein Dilemma für Unternehmen, die auf Just-in-Time-Produktionsmodelle angewiesen sind.

Geschwindigkeit bei der Lieferantenfreigabe: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Eine der größten Herausforderungen im Rahmen des LkSG ist die Geschwindigkeit, mit der neue Lieferanten zugelassen werden können. Strenge Due-Diligence-Prüfungen sind nötig, um sicherzustellen, dass Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden. Das klingt zeitintensiv – und das ist es auch. Für Unternehmen, die sich auf eine pünktliche Produktion verlassen, sind solche Verzögerungen oft kostspielig und störend.

Neben der gesetzlichen Prüfung müssen Unternehmen auch sicherstellen, dass ausreichend Zeit bleibt, um Materialengpässe zu vermeiden. Wenn ein Lieferant ausfällt und Materialien aus der Produktion entfernt werden, droht ein sofortiger Stillstand.

Zeitaufwand für die Bemusterung: Wenn Wochen zu Monaten werden

Das Freigabeverfahren für neue Produkte ist eine weitere Hürde. Es reicht nicht, einfach einen neuen Lieferanten zu finden. Neue Komponenten müssen auf Herz und Nieren geprüft werden – von Qualitäts- über Sicherheitsstandards bis hin zur Kompatibilität mit bestehenden Systemen.

Dieser Prozess kann sich über Wochen oder sogar Monate erstrecken, abhängig von der Komplexität des Produkts.

Nehmen wir einen Mikrochip als Beispiel: Der bisherige Lieferant kann aufgrund von Umweltverstößen nicht mehr liefern. Ein neuer Lieferant ist gefunden, doch die neuen Chips müssen umfangreich getestet werden. Sind sie kompatibel mit der bestehenden Software? Halten sie den Sicherheitsstandards stand?

Erst wenn alle Prüfungen abgeschlossen sind, kann der Chip in die Produktion aufgenommen werden – und bis dahin können Monate vergehen.

Ein Beispiel aus der Praxis: BMW und VW in den USA

Dass diese Herausforderungen nicht nur theoretischer Natur sind, zeigt ein vergangener Fall aus den USA: BMW und VW sahen sich gezwungen, schnell zu handeln, nachdem bekannt wurde, dass ein Zulieferer verbotene Teile aus China verwendete. Eine Kettenreaktion setzte ein – betroffene Teile mussten aus der Produktion entfernt werden, neue Lieferanten wurden unter Hochdruck gesucht, und strenge Audits durchgeführt. Die Folge? Verzögerungen, Produktionsausfälle und finanzielle Verluste.

Zwischen Effizienz und Sorgfalt

Das LkSG bringt Unternehmen in eine Zwickmühle: Einerseits sollen sie ihre Lieferketten sicher und umweltfreundlich gestalten, andererseits müssen sie sich schnell an neue Gegebenheiten anpassen, wenn ein Lieferant ausfällt. In einer globalisierten Welt, in der Zeit Geld ist, wird diese Balance zur echten Herausforderung.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Lieferkettengesetz zwar darauf abzielt, ethische und nachhaltige Lieferketten zu fördern. Es bringt aber auch erhebliche Hindernisse für die Unternehmen mit sich, wenn es um die schnelle Genehmigung neuer Lieferanten und den Austausch von Komponenten geht.

Flexible Regelungen sehen wir in diesem Zusammenhang jedoch nicht als Lösung.

Bei einem gesperrten Lieferanten kann beispielsweise nicht einfach vom Schiff auf das Flugzeug gewechselt werden, um den Transport zu beschleunigen, da das gesamte Material des Lieferanten zunächst gesperrt ist.

Zwar ist es möglich, über Sonderfreigaben Waren von einem anderen Lieferanten schnell zu verbauen, doch das eigentliche Problem liegt in den zusätzlichen Anforderungen an das Supply Chain Risk Management (SCRM) und der Dimension der Reaktionszeit.

WIR KÖNNEN
INTRALOGISTIK.