Mehr Freiheit, mehr Verantwortung?

Was der Koalitionsvertrag für Unternehmenspflichten bedeutet.

Der neue Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist ein strategischer Zug mit Signalwirkung. Denn er bringt Bewegung in das Geflecht aus ESG-Regeln, Berichtspflichten und unternehmerischer Sorgfalt. Doch was wie ein Rückbau klingt, ist in Wahrheit ein Umbau, unter europäischem Vorzeichen. Die Richtung ist klar: Internationale Verantwortung bleibt, nur der Weg dorthin wird neu gepflastert. Wer jetzt innehält, riskiert, den Anschluss zu verlieren.

Das Lieferkettengesetz stirbt, zumindest teilweise.

Der neue Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist ein strategischer Zug mit Signalwirkung. Denn er bringt Bewegung in das Geflecht aus ESG-Regeln, Berichtspflichten und unternehmerischer Sorgfalt.

Doch was wie ein Rückbau klingt, ist in Wahrheit ein Umbau, unter europäischem Vorzeichen.

Die Richtung ist klar: Internationale Verantwortung bleibt, nur der Weg dorthin wird neu gepflastert.

Wer jetzt innehält, riskiert, den Anschluss zu verlieren.

Wer das LkSG bereits als festen Bestandteil der Unternehmensrealität abgehakt hatte, wird eines Besseren belehrt.

Die Bundesregierung plant dessen Ablösung durch ein neues „Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung“

Die Stoßrichtung: weniger nationale Bürokratie, dafür eine einheitlichere Umsetzung europäischer Standards. Klingt pragmatisch, doch der Teufel steckt wie immer im Detail.

Eine echte Entlastung für Unternehmen ist nicht zu erwarten.

Denn die Abschaffung erfolgt nicht ersatzlos, auch unionsrechtlich wäre das kaum möglich.

Stattdessen soll die europäische Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten (CSDDD) ins deutsche Recht überführt werden. Diese geht in manchen Punkten sogar über das LkSG hinaus.

Zwar wird im sogenannten „Omnibus-Prozess“ über eine Entschlackung verhandelt, doch der endgültige Regelungsgehalt bleibt vorerst offen.

Drei Aspekte sollten Unternehmen besonders im Blick behalten:

1. Berichtspflicht fällt, Pflichten bleiben

Die wohl größte Überraschung: Die Berichtspflicht entfällt voraussichtlich sofort. Für viele Unternehmen, die sich auf die BAFA-Berichtspflicht 2026 vorbereiten, mag das wie ein Befreiungsschlag wirken. Doch Vorsicht: Die inhaltlichen Sorgfaltspflichten bestehen weiterhin, inklusive Risikoanalyse, Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Nur der formale Nachweis entfällt (zunächst). Wer hier vorschnell Ressourcen abzieht, könnte am Ende doppelt zahlen, mit Reputationsschäden und Compliance-Risiken.

2. Die CSDDD kommt, und sie geht weiter als das LkSG

Ab 2027 wird die europäische Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung (CS3D) verbindlich, für deutlich mehr Unternehmen als bislang vom LkSG erfasst. Die Bundesregierung verspricht eine „vollzugsfreundliche“ Umsetzung. Was das konkret heißt, bleibt vage. Klar ist: Die Erwartungen an ESG-Prozesse bleiben hoch. Wer jetzt an strategischen Grundlagen spart, riskiert unnötigen Aufwand oder Nachteile im Wettbewerb um Kapital und Kunden.

3. CBAM und Omnibus-Prozess, weniger Bürokratie?

Auch der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und die Omnibus-Initiative zur Vereinfachung von CSRD, Taxonomie & Co. werden im Koalitionsvertrag adressiert. Ziel: weniger Komplexität, mehr Mittelstandstauglichkeit. Doch die Praxis zeigt: EU-Regulierung wird selten einfacher – nur anders. Unternehmen sollten daher auf Vereinfachungen hoffen, aber sich nicht auf sie verlassen.

Kein Freifahrtschein, sondern ein Weckruf

Der Koalitionsvertrag signalisiert keine Abkehr von Nachhaltigkeitsverantwortung, sondern deren europäische Neuordnung.

Wer ESG-Themen nun auf Eis legt, weil nationale Pflichten (scheinbar) entfallen, unterschätzt die Dynamik des europäischen Rechts.

Lieferantenverträge, Stakeholder-Kommunikation und Risikoanalysen bleiben zentrale Stellschrauben.

Der Koalitionsvertrag ist kein Befreiungsschlag – sondern ein Prüfstein für strategische Weitsicht.

Wer jetzt handelt, sichert sich Handlungsspielräume.

Wer abwartet, könnte später nicht nur rechtlich, sondern auch kommunikativ unter Druck geraten.

Denn eines ist klar: Nachhaltigkeit bleibt. Nur das Spielfeld verändert sich.

Empfehlung: Strategisch bleiben, nicht abwarten.

Für Unternehmen bedeutet das:

  • Sorgfaltspflichten ernst nehmen, auch ohne Berichtspflicht.
  • ESG-Verträge und Lieferantenklauseln prüfen.
  • Europäische Vorgaben (CS3D, CBAM) frühzeitig integrieren.
  •  Kommunikation gezielt steuern, denn Rückschritte in der ESG-Praxis sind reputationswirksam.

Wer heute klar strukturiert, kann regulatorische Veränderungen morgen souverän meistern.

Analyse basierend auf dem Koalitionsvertrag vom 9. April 2025.

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