Einführung in die Bestandsreduzierung

Lagerkosten senken. Liquidität verbessern. Flexibilität erhalten.

Jedes Unternehmen, das größere Lagerbestände hält, bindet damit wertvolle finanzielle Mittel.

Die Aufwendungen für Lagerhaltung sind beachtlich: Wenn man alle Einflussfaktoren wie Lagerflächen, Personalkosten, Versicherungen und die gebundene Liquidität einrechnet, können sich die jährlichen Kosten leicht auf ein Drittel des Bestandswertes summieren.

Dennoch bleibt häufig die Frage, warum man Überbestände vermeiden sollte. Ein verbreiteter Irrglaube, der uns in der Praxis immer wieder begegnet:

Hohe Bestände = hohe Lieferbereitschaft. Ein trügerischer Gedanke!

Achtung: Seien Sie hier vorsichtig! In der Praxis wird oft der Sicherheitsbestand mit einem Überbestand verwechselt.

Differenzieren Sie trennscharf:

Der Sicherheitsbestand hat seine Berechtigung, denn er dient als Puffer, um unvorhergesehene Bedarfsschwankungen auszugleichen. Überbestände hingegen entstehen, wenn weit mehr eingelagert wird, als tatsächlich nötig ist.

Dies führt nicht nur zu unnötigen Lagerkosten, sondern blockiert auch Kapital. Diese Mittel sollten richtigerweise für Investitionen, neue Projekte oder zur Stärkung der Liquidität genutzt werden.

Ihre Herausforderung besteht darin, zu erkennen, wo die Grenze zwischen notwendigem Puffer und Ballast verläuft.

Notwendiger Puffer oder überflüssiger Ballast?

Erste Schritte zum „gesunden“ Bestand

Beginnen Sie bei der Bestandsoptimierung mit der Identifizierung Ihrer Überbestände. Analysieren Sie regelmäßig, welche Materialien und Produkte in zu großen Mengen gelagert werden.

Nur wenn Sie genau wissen, wo Ihre Überbestände liegen, können Sie gezielte Maßnahmen zur Reduzierung ergreifen.

Eine erste Abschätzung muss nicht kompliziert sein und kann auch intern durchgeführt werden.

Den Unterschied klar herausarbeiten

Notwendigerweise müssen wir in diesem Schritt zwischen Sicherheitsbestand und Überbestand differenzieren.

Wie wir bereits festgestellt haben, erfüllt der Sicherheitsbestand eine klar definierte Funktion: Er dient als strategische Reserve, um auf unerwartete Ereignisse reagieren zu können. Überbestände hingegen weisen oft auf Schwachstellen in der Planung oder Durchführung hin und binden unnötig Kapital.

Wir merken uns: Sicherheitsbestände haben IMMER einen strategischen Nutzen. Sie dienen dazu, die Lieferfähigkeit auch bei unvorhergesehenen Ereignissen aufrechtzuerhalten.

Typische Ziele, die mit dem SiBe erreicht werden, sind:

  • Vermeidung von Lieferengpässen
  • Absicherung gegen Lieferverzögerungen und unerwartete Nachfragespitzen
  • Aufrechterhaltung der Produktionsfähigkeit bei Schwankungen in der Materialversorgung

Den Überbestand bestimmen 

Nachdem wir uns nun ausgiebig dem Sicherheitsbestand gewidmet haben, erkennen wir den Überbestand als ungeplanten, unnötigen Lagerüberschuss.

Überbestände haben somit keinen strategischen Nutzen.

Der Überbestand meint also Bestände, die über den geplanten Bedarf und den SiBe hinausgehen. Diese Bestände sind regelmäßig unbeabsichtigt. Entstanden durch Fehlprognosen, überhöhte Bestellmengen oder schlampige Dispositionsprozesse.

Ihr Ziel sollte es sein, hauptsächlich „gesunde“ Bestände zu führen – also zyklische Bestände, die gezielt vorgehalten werden, um die Kundennachfrage optimal zu decken.

Die Konsequenz bei Nichtbeachtung: Wir halten veraltete, beschädigte oder unvermittelbare Produkte vor.

Wie kann ich den Überbestand sicher identifizieren?

Wir haben bereits festgestellt: Im Kontext der Lagerhaltung spricht man von einem Überbestand, wenn der optimale Lagerbestand dauerhaft überschritten wird.

Um den Überbestand zu bestimmen, sind für alle Lagerartikel klare Reichweiten zu definieren, indem sowohl eine minimale als auch eine maximale Reichweite festgelegt wird.

Ein Überschreiten der maximalen Reichweite führt faktisch zu Überbeständen. Wird die minimale Reichweite unterschritten, besteht die Gefahr von Versorgungs- oder Lieferengpässen – die Folge sind Produktionslücken.

Nicht alle Bestände sind schlecht – manche sind sogar unverzichtbar. Aber es gibt Unterschiede:

  • Zyklusbestand: Das ist Ihr täglicher Begleiter. Diese Bestände brauchen Sie, um die laufende Nachfrage zu bedienen – nichts Ungewöhnliches.
  • Sicherheitsbestand: Ihr Notfallplan, falls die Lieferkette mal ins Stocken gerät oder die Nachfrage explodiert.
  • Spekulationsbestand: Geht oft auf „gute Deals“ zurück. Ein bisschen auf Vorrat gekauft, weil es gerade günstig war.
  • Überbestand: Hier wird’s kritisch. Das sind Bestände, die Sie nicht brauchen und die nur Platz und Geld kosten.
  • Altbestand: Der alte Kram, den keiner mehr will – seit mindestens einem Jahr kein Käufer in Sicht.

Wenn Sie Ihren Lagerbestand in diese Kategorien einteilen, kommen Sie den Übeltätern schon ein gutes Stück näher.

Nachdem Sie nun die Bestandsarten kennen, geben wir Ihnen zur Ermittlung des Überbestands folgende Formel mit auf den Weg:

Durchschnittsbestand

abzüglich Sicherheitsbestand (Pufferbestand zur Absicherung gegen Unsicherheiten)

abzüglich Zyklusbestand (Bestand für den normalen Verbrauch zwischen zwei Lieferungen)

abzüglich Spekulationsbestand (Bestand aufgrund von Sonderkäufen oder erwarteten Preisschwankungen)

= Überbestand

Woher kommen die Bestandstreiber?

Identifikation der Bestandstreiber
Nachdem die Überbestände ermittelt wurden, gilt es, die Ursachen zu analysieren. Fragen Sie sich für jeden identifizierte Bestandsgruppe „Warum ist dieser Bestand so hoch?“ und gehen Sie der Ursache auf den Grund. Die Anwendung unserer vertieften 5-Why-Methode hilft, die eigentlichen Treiber zu erkennen und nachhaltige Maßnahmen abzuleiten.

Berechnungsansatz für die Kosten von Überbeständen

Ihre ermittelten Überbestände verursachen Ihnen erhebliche Kosten. Natürlich möchten Sie diese Kosten kennen und exakt identifizieren, da diese Ihr Kapital binden und Lagerkosten erhöhen. Die Berechnung der Überstandskosten erfolgt anhand der folgenden Formel:

Kosten der Überbestände = (Durchschnittsbestand – optimaler Bestand) × Haltekosten pro Einheit p.a.

Unsere betrachteten Parameter:

  • Durchschnittsbestand: Der mittlere Bestand über einen festgelegten Zeitraum.

Berechnung: Durchschnittsbestand = (Summe der Periodenendbestände) ÷ (Anzahl der Perioden).

  • Optimaler Bestand: Die Menge, die idealerweise vorgehalten werden sollte, um die Nachfrage effizient zu bedienen.
  • Haltekosten: Kosten für Lagerhaltung, Versicherung und Verwaltung.

Den optimalen Lagerbestand ermitteln

Auch den optimalen Lagerbestand möchten wir gesichert kennen und halten. Ein gut berechneter Lagerbestand minimiert Lagerhaltungskosten, stellt aber gleichzeitig sicher, dass die Lieferbereitschaft jederzeit gewährleistet ist. Doch wie ermittelt man diesen optimalen Lagerbestand?

Der Prozess umfasst mehrere Schritte:

1. Bedarfsanalyse:

Zunächst sollten historische Daten genau analysiert werden. Dabei sind nicht nur vergangene Verbrauchszahlen zu berücksichtigen, sondern auch Trends, saisonale Schwankungen und mögliche Sonderereignisse, die den Bedarf beeinflussen können.

2. Sicherheitsbestand berechnen:

Der Sicherheitsbestand dient als Puffer, um unerwartete Engpässe abzufangen. Die Berechnung erfolgt mit folgender Formel:

Sicherheitsbestand = maximale Nachfrage × maximale Lieferzeit – durchschnittliche Werte.

3. Optimale Bestellmenge (Economic Order Quantity, EOQ):

Die EOQ hilft, die ideale Bestellmenge zu bestimmen, um sowohl Bestell- als auch Lagerhaltungskosten zu minimieren. Sie wird wie folgt berechnet:

EOQ = √((2 × Bestellkosten × Jahresbedarf) ÷ Lagerkosten je Einheit).

4. Wiederbeschaffungspunkt (Reorder Point, ROP):

Der Wiederbeschaffungspunkt legt fest, wann eine Nachbestellung ausgelöst werden muss, um Lieferengpässe zu vermeiden. Die Berechnungsformel lautet:

ROP = Durchschnittsverbrauch pro Tag × Wiederbeschaffungszeit + Sicherheitsbestand.

Tipp: Eine ABC-Analyse kann helfen, den Fokus auf die wichtigsten Artikel zu legen. A-Artikel sind oft wertvoll und umsatzstark und sollten daher mit besonderer Sorgfalt überwacht werden, während weniger kritische Bestände (B- und C-Klasse) weniger Aufmerksamkeit erfordern.

Lieferengpässe akzeptieren – Fokus auf das Wesentliche

Ist es wirklich immer möglich alles auf Lager zu haben? Die Antwort ist – nein!

Eine vollständige Lieferfähigkeit für alle Artikel ist in der Praxis unwirtschaftlich. Warum? Weil es Zeit, Geld und Platz verschwendet, die besser für die wichtigen Artikel genutzt werden könnten.

Lösung: Priorisieren Sie!

  • Wichtige Artikel: Maximieren Sie hier die Lieferfähigkeit. Diese Artikel sind entscheidend für Ihr Geschäft.
  • Weniger wichtige Artikel: Reduzieren Sie gezielt die Bestände.

💡 

Wie geht das?

Mit einem Service-Level-Management, das Ihre Ziele und Kosten ins Gleichgewicht bringt:

  • Finden Sie heraus, welche Artikel kritisch sind.
  • Bestimmen Sie, wie hoch die Lieferfähigkeit für diese Artikel sein muss.
  • Vermeiden Sie unnötige Kosten durch „Nice-to-Have“-Bestände.

Nicht jeder Artikel verdient den gleichen Aufwand. Setzen Sie Prioritäten und sparen Sie Ressourcen – wirtschaftlich UND strategisch klug!

WIR KÖNNEN
INTRALOGISTIK.